Vom Träumen zum Tun
Grenzenlose Neugier führte Barbara Schraner durch die Welt, zu Wasser, zu Land und in der Luft, angetrieben von Wind, Dampf und Abenteuerlust. Sie scheute keine Technologie und bewegte sich selbstbewusst in einer von Männern dominierten Welt. Neben ihrem Vater, einem Flugzeugspengler, verbrachte sie viel Zeit ihrer Kindheit im Flugzeughangar der Swissair in Zürich Kloten, zwischen Schweißgeräten, Nietzangen und Blechen. Durch den Job des Vaters konnte die Familie günstig reisen.
Vom Traum zur Wirklichkeit
Barbara flog hinaus in die Welt und hatte stets ein klares Ziel vor Augen: Die Luftfahrt zu stürmen und bei der Swissair, einer der besten Fluggesellschaften der Welt, zu arbeiten, wie ihr Papa. Doch es kam anders als geträumt. Sie absolvierte bei der Rhätischen Bahn eine Lehre als Bahnschaffnerin. Danach suchte Barbara ihr Glück in Kalifornien. Im August 2001 flog sie über den großen Teich. Ein Jahr wollte sie bei einer Gastfamilie leben. Über das, was am 11. September 2001 geschah, müssen wir hier keine Worte verlieren. Die Welt, vor allem Amerika, stand Kopf. Barbara mittendrin.
Sie packte ihre Koffer und flog nach Hause, hinein in die nächste Katastrophe – im Oktober 2001 hielt die Schweiz den Atem an. Kaum ein Ereignis erschütterte die Nation so tief wie das Grounding der Swissair. Bankrott durch falsches Management, Überheblichkeit und tausend andere Gründe. Eines der wichtigsten nationalen Symbole lag mit tausenden gestrandeten Passagieren aus aller Welt am Boden. Zehntausende Menschen demonstrierten. Der Vater wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Barbaras Traum war geplatzt.
Neue Kapitel auf hoher See
Bereits einen Monat später hatte sie wieder einen bewegten Arbeitsplatz. Diesmal zu Wasser. In den nächsten 22 Jahren arbeitete sie sich bei der Zürichsee-Schifffahrt von der Matrosin zur Dampfschiff-Kapitänin hoch. Sie ist eine von nur drei Frauen in der Schweiz, die dieses Patent erlangte. In ihrer Freizeit segelt sie aufs offene Meer, sie machte den Hochsee-Segelschein und absolvierte sämtliche Funkprüfungen. Während der Jahre wurde am Zürichsee kräftig umstrukturiert. Barbara trug bereits große Verantwortung für ein Millionen-Schiff, für die Besatzung, die Passagiere und sich selbst. Irgendwann konnte sie sich nicht mehr mit der Firma identifizieren. Und weil beide Dampfschiffe auf dem Zürichsee mit derselben Escher-Wyss-Maschine fahren wie die Hohentwiel, kam der für sie logische nächste Schritt: das faszinierende Innenleben der 110 Jahre alten Präzisionsmaschine kennenzulernen.
Was für andere wie ein Abstieg aussehen mag, empfand Barbara als Schritt nach vorn. Auf der Hohentwiel spürte sie große Lebendigkeit. Sie liebt es zu verstehen, wie Maschinen, die Menschen vor sehr langer Zeit konzipiert hatten, immer noch auf tausendstel Millimeter genau funktionieren. Nach vielen Jahren auf See findet Barbara sich in einer völlig neuen Rolle wieder. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Sie entscheidet sich, das faszinierende Innenleben dieser Maschine zu erkunden, und wurde zu einer geschätzten Dampfmaschinistin.
Teamgeist über alle Decks hinweg
Felix, Robert, Fritz, Philip, Abdul, Sven Erik und Sascha sind gemeinsam mit Barbara für alles an Bord der beiden Schiffe zuständig, was mit der Nautik zu tun hat. Sie steuern, heizen ein, warten, pflegen, reparieren, lackieren und putzen. Das gesamte Team ist stolz auf die geleistete Arbeit. Die Pflege der Schiffe ist eine der wichtigsten Aufgaben, auch wenn sie nicht immer angenehm ist. In den kalten Monaten wird die Hohentwiel winterfest gemacht – und alle packen mit an. Die Oesterreich bleibt auch im Winter in Betrieb, wobei auch hier auf die tieferen Temperaturen geachtet werden muss.
Die Tage an Bord der Hohentwiel und der Oesterreich sind oft lang, aber die Crew unterstützt sich gegenseitig. Das positive Feedback der Passagiere gibt ihnen Energie. Die Gäste kommen gestresst und gehetzt an Bord und verlassen die Schiffe entspannt und zufrieden. Die Freude an der gemeinsamen Arbeit und der Stolz darauf, auf diesen beeindruckenden Schiffen tätig zu sein, überwiegen bei weitem die Mühe und den Schweiß, die investiert werden.