Eine kurze Geschichte des Ruderns
Römisches Plagiat
Während die Schiffe der Phönizier und Griechen den Mittelmeerraum dominierten, gingen die römischen Soldaten noch zu Fuß. Um über den italienischen Stiefel hinauswachsen zu können, kopierten sie eine Galeere aus Karthago und wurden von null auf hundert zur führenden Seemacht. Hunderte Ruderer saßen in drei Reihen versetzt übereinander in den Bäuchen der Schiffe und sorgten für Geschwindigkeit. Sie konnten stark beschleunigen, waren extrem wendig und vom Wind unabhängig. Es waren keine Sklaven, wie in Hollywood-Filmen oft dargestellt wird, sondern speziell ausgebildete starke Männer, die ständig trainierten und gut entlohnt wurden. Die Feldherren mussten sich auf ihre Ruderer in jeder Situation verlassen können.
Vermählung mit dem Meer
Entlang der afrikanischen Küste ruderte man ins Reich der Araber und begegnete anderen Völkern, die ruderten. Zu wichtigen Anlässen wurden Prunkfeste angeordnet. In Venedig fuhren Boote und Schiffe zum Lido, um die Hochzeit mit dem Meer zu feiern. Ab 1253 führte ein doppelstöckiges Ruderschiff, das den Dogen trug, die Schiffsprozession an. Bis heute gehört das Pfingstwochenende in den Kanälen den muskelbetriebenen Wasserfahrzeugen. Tausende Ruderboote, begleitet von Kajaks und Kanus, fahren durch die Stadt entlang ihrer Sehenswürdigkeiten und beleben eindrucksvoll die große Rudertradition.
Rudern für die Earls und Lords
Das Sportrudern hat seinen Ursprung auf den britischen Inseln. Der Süden Englands war von vielen Flüssen und Nebenarmen durchzogen. „Watermen“ ruderten Passagiere die Flüsse entlang, was die schnellste Möglichkeit war, sich fortzubewegen. Adelige stellten Watermen ein und konnten sich so jederzeit ohne Warten bedienen lassen. Ende des 18. Jahrhunderts fragte man sich, wer den schnellsten Waterman in seinen Diensten hatte. Sie fuhren gegeneinander und repräsentierten dabei ihr Adelshaus. Die Adeligen zeigten sich großzügig, setzten Preise und Prämien für die Rennen aus, was für die Ruderer ein willkommenes Trinkgeld zu ihrem kargen Lohn war. Die Adeligen fingen an zu wetten. Der Fährbetrieb wurde zum Freizeitvergnügen, bei dem sich die Sprösslinge der Earls und Lords bald selbst in die Boote setzten, um sich zu messen. Besonders an Eliteschulen der höheren Gesellschaft wurde das Rudern gepflegt. Die bekannteste liegt bis heute nahe dem Stammhaus der Königsfamilie in Windsor: Oxford.
Oxford gegen Cambridge
Das erste Rennen zwischen den beiden Universitäten wurde 1829 ausgetragen und endete mit einem Sieg für Oxford. Noch heute lockt der Wettstreit Zehntausende an die Ufer der Themse, um die Achtermannschaften anzufeuern. Diese Wettkämpfe waren ein wichtiger Impuls für die Entwicklung des modernen Rudersports. Erfindungen revolutionierten den Bootsbau und wirkten sich auf die Rudertechnik aus. 1828 erschien erstmals ein Boot zu einem Wettkampf, das mit Auslegern ausgerüstet war. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts saß man fest im Boot. Um schneller zu werden, wurden die Bretter, auf denen Ruderer saßen, mit Fett eingerieben. Auf Lederhosen rutschten sie hin und her. Ab 1857 wurden Rollsitz und Rollschienen in England und Amerika entwickelt.
Rudern wird olympisch
Am Themseufer liegt das über die Grenzen hinaus bekannte Eton College. Die Schule verfügt über riesige Bootshallen, in denen Hunderte von Ruderbooten liegen, die im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert von männlichen Nachkommen der Adelsfamilien gerudert wurden. In der Nähe befindet sich der Dorney Lake, ein künstlicher, rechteckiger See, umgeben von Ländereien der dortigen Familien. 1996 begann das Eton College mit Bauarbeiten für eine moderne Regattastrecke mit der Wettkampfdistanz von 2.000 Metern. Nach Weltcup-Regatten und der Weltmeisterschaft 2006 wurden hier 2012 die Rennen der Olympischen und der Paralympischen Spiele der Ruderer und Kanuten ausgetragen.
Ruderverein Bregenz | Bild links: Ausflug an den Rheinspitz (1933) / Bild rechts: Rudermannschaft vor der Abfahrt zur Rorschacher Regatta (1921)
Ruderverein Bregenz | Bild links: Einweihung Jugendheim und Bootstaufe Studiosus, Montfort und Hansa (1941) / Bild rechts: Kurz vor dem Abrudern nach Lindau (1932)